Bergmann,
Rudolf
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Schuhfabrikant in Kevelaer, Sohn von Theodor Bergmann | * 1920 |
† 2008
Am
17. Mai 1920 hatte der Fabrikant, Politiker und Heimatdichter Theodor
Bergmann Grund zur Freude. Seine Frau Johanna brachte das vierte ihrer neun
Kinder zur Welt. Fünf Tage später wurde es auf den Namen Hermann Josef
Rudolf getauft. Rudolfs Paten waren der renommierte Landtagsabgeordnete
Hermann Schüling und Dorothea Kaats, geborene Vohs, aus Kevelaer.
1928 zog die Familie in ein neues Domizil an der Dondertstraße und
nannte es Haus Vogelweide.
Bereits als kleiner Junge wollte Rudolf Bergmann eines Tages die
elterliche Schuhfabrik übernehmen, die damals an der Basilikastraße 26,
gleich neben dem Geburtshaus seines Vaters, untergebracht war. Rudolf
arbeitete dort bereits mit 14 Jahren.
1939 stand die kaufmännische Ausbildung in Pirmasens an; er wurde jedoch
zum Arbeitsdienst eingezogen und entschied sich kurzfristig, zuerst
seinen Wehrdienst zu leisten, weil er nach der Ausbildung direkt in die
Firma einsteigen wollte.
Alles kam anders als geplant.
Rudolf
Bergmann musste in den Krieg ziehen und wurde am 25. April 1939 in Worms
vereidigt. Bis 1945 diente er als Soldat. Am 8. Mai 1945 glaubte er nach der bedingungslosen Kapitulation
der deutschen Wehrmacht fest an seine baldige Heimreise.
Das am 11. Februar 1945 zerstörte und später wieder aufgebaute Haus Vogelweide.
Die Freude war von kurzer Dauer: Der Transport fuhr unerwartet Richtung
Russland.
Hier standen ihm drei harte Jahre in Gefangenschaft bevor, die er in
einem Bergwerk und als Holzfäller verbringen musste.
Während der Gefangenschaft erhielt er Kurzmitteilungen aus seiner Heimat
von seinem Vater, von denen er seinen Kindern später oft erzählte.
„Lieber Rudolf! Hoffentlich kommst du bald in die Heimat zurück. Wir
haben dich unendlich notwendig. Die Steine für die neue Fabrik sind
hier. Die liegen hier fertig. Uns geht es gut. Herzl. Grüße Dein Vater“.
Sein Bruder schrieb unten drunter: "Lieber Rudolf! Von ganzem Herzen
grüße ich
dich und sende dir die besten Wünsche. Ganz feste halte ich Däumchen,
dass du bald heimkehrst. In Treue Dein Walter."
Die Karte stammt vom 14. Juli 1947.
Die Karte von Vater Theodor und Bruder Walter.
Der junge Rudolf wusste, dass sein Vater ihn für den Bau der neuen
Schuhfabrik dringend erwartete, so dass die Sehnsucht nach Hause ihm
keine Ruhe ließ.
Nach seiner Entlassung 1948 zögerte eine lebensgefährliche
Blutvergiftung seine Heimkehr hinaus. Er musste stationär behandelt
werden. So kam er erst am 24. Juni 1948 in sein lange vermisstes Zuhause
zurück. Hier traf ihn das Schicksal in aller Härte. Er erfuhr, dass
wenige Wochen zuvor – an Rudolfs Geburtstag – der Vater gestorben war, zu dem
er ein besonders inniges Verhältnis gehabt hatte.
Entschlossen begann er mit seinem Bruder Walter am 19. September 1955
mit dem Bau der Schuhfabrik in Schravelen. Hier wurde unter wesentlich
besseren Arbeitsbedingungen am 28. Mai 1956 die Produktion fortgeführt.
Da er schon sehr früh mit allen Arbeiten in der elterlichen Firma
vertraut gewesen war, wurden Schuhe zu seinem Metier. Als Führungskraft
hatte er durch seine verbindliche und liebevolle Art bei den Kunden und
seinen Angestellten ein hohes Ansehen.
Nach dem Tod seines Schwiegervaters am 28. Juni 1963 verließ er schweren
Herzens die Schuhfabrik und übernahm am 2. Januar 1964 die
Spielwarengroßhandlung Jakob Janssen, die er mit viel Geschick ausbaute
und vergrößerte. Schon im Juli 1965 ersteigerte er das neue
Betriebsgebäude an der Römerstraße, das sich noch heute im Besitz der
Jakob Janssen GmbH befindet.
Gerne erinnerte er sich daran, dass seine Hochzeit mit Inge Janssen,
eine Schwester des späteren Weihbischofs Heinrich Janssen, am 8. Juli
1952 die erste Trauung nach dem Krieg in der St.-Antonius-Pfarrkirche
gewesen war. Aus dieser Ehe gingen die drei Kinder Angelika, Birgit und
Wolfram hervor. Doch viel zu
früh, am 28. Februar 1973, verstarb Inge Bergmann nach kurzer schwerer
Krankheit im Alter von 42 Jahren.
Danach sollte ihn das Schicksal nochmals treffen. Nach 13 glücklichen
Ehejahren verlor er auch seine zweite Frau, Roswitha, die er am 31.
Oktober 1974 geheiratet hatte, mit nur 57 Jahren.
Diese Schicksalsschläge hat er bis ins hohe Alter getragen, aber niemals
verarbeiten können, berichtet sein Sohn Wolfram.
Seine letzten Jahre verbrachte Rudolf Bergmann in seinem Haus in
Schravelen, das er 1958 mit seiner ersten Frau Inge hatte bauen lassen
und in das sie am 3. Oktober 1958 eingezogen waren.
1990 erlebte er während seines 70. Geburtstags schöne Stunden, als der
Kevelaerer Drehorgelmann Paul Heckens bei ihm aufspielte. Heckens wollte
ein ganz bestimmtes Lied zum Besten geben, eines, das allen aus der
großen Familie des Heimatdichters Theodor Bergmann größte Freude
bereiten würde. Aber zu diesem Lied gab es für die Drehorgel keine
Abspielrolle. Also lief Paul Heckens »von Pontius zu Pilatus«, um
speziell für das Jubelfest eine entsprechende Melodierolle gestanzt zu
bekommen. Er schaffte es, stand schließlich vor Rudolf Bergmann und
stimmte mit dessen Enkelkindern das Lied an, das deren Urgroßvater
Theodor Bergmann getextet (und Gerhard Korthaus vertont) hatte:
»Wor hör ek t’hüss?« Rudolf Bergmann war tief gerührt. Er selbst kannte
nur eine Antwort auf die Frage: »Kevelaer«. Sein Leben war stark geprägt
durch seinen festen Glauben an die katholische Kirche. Mit der Kraft der
Nächstenliebe tat er in seinem Umfeld viel Gutes für seine Mitmenschen.
Zum 80. Geburtstag von Rudolf Bergmann beglückwünschten ihn seine Kinder
über’s KB: „Lieber Vater, auch auf diesem Wege gratulieren ganz herzlich
Angelika, Birgit, Wolfram und Anhang.“
Der 'Anhang' bestand aus zehn Enkelkindern und acht Urenkelkindern.
Ab Januar 2008 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand stark.
Seinen letzten Willen, zu Hause sterben zu dürfen, erfüllten ihm seine
Kinder. Wie er und sie es immer gewünscht hatten, vollendete er sein
Leben daheim - im Kreis seiner Liebsten am 1. Februar 2008.
(Der Text fußt weitgehend auf Informationen, die Sohn Wolfram Bergmann
zur Verfügung gestellt hat.)